Kinder und Jugendliche löchern den Regierungssprecher mit Fragen: „Wie stehen Sie zur AfD?“ (2024)

Beim Demokratiefest in Berlin

Kinder und Jugendliche löchern den Regierungssprecher mit Fragen: „Wie stehen Sie zur AfD?“

Kinder und Jugendliche löchern den Regierungssprecher mit Fragen: „Wie stehen Sie zur AfD?“ (1)

Steffen Hebestreit, Sprecher der Bundesregierung, spricht beim Demokratiefest im Berliner Regierungsviertel.

Quelle: Christophe Gateau/dpa

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Für gewöhnlich beantwortet Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Fragen der Berliner Journalisten. Einmal im Jahr stellt er sich stattdessen den Fragen von Kindern und Jugendlichen. Dabei konnte Hebestreit am Samstag nicht alle Fragen beantworten.

Berlin. Dass er nicht alle Fragen beantworten kann und darf, die ihm vor laufenden Kameras gestellt werden, ist Regierungssprecher Steffen Hebestreit gewohnt. Meist sind es Hauptstadt­journalistinnen und ‑journalisten, die ihn und seine Stellvertreter bei den dreimal wöchentlich stattfindenden Regierungs­presse­konferenzen mit Fragen löchern. Im Saal der Bundespresse­konferenz sagt er dann manchmal Sätze wie: „Das kommentieren wir nicht“, oder: „Ich dachte, ich hätte meine Antwort darauf schon gegeben“. Oder er fordert den fragenden Journalisten mit einem leicht genervt wirkenden Lächeln auf, doch nachzulesen, was er zu der Frage bereits gesagt habe.

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Am Samstag sitzt er ein paar Hundert Meter vom Haus der Bundespresse­konferenz entfernt im voll besetzten Tipi am Kanzleramt, wo sonst vor allem Cabaret-Veranstaltungen und Konzerte stattfinden. Nicht nur der Ort dieser „Pressekonferenz“ ist besonders, sondern auch das Publikum. Statt professionellen Journalistinnen und Journalisten beantwortet der Regierungssprecher die Fragen von Kindern und Jugendlichen. Einmal im Jahr macht er das, in der Regel beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung, in diesem Jahr beim Demokratie­fest zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes.

Hebestreit über seine Haltung zur AfD: „Bin dem Neutralitätsgebot unterworfen“

Als einer der Ersten meldet sich Emil aus dem brandenburgischen Falkensee mit einer Frage zu Wort. „Ich bin neun Jahre alt, und meine Hobbys sind draußen mit Freunden zu spielen“, sagt er und will dann wissen: „Wie stehen Sie in Bezug auf die AfD?“

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„Das ist eine sehr, sehr gute Frage, die aber für mich als Regierungs­sprecher ganz, ganz schwer zu beantworten ist, da ich dem Neutralitäts­gebot unterworfen bin“, sagt Hebestreit. Um sich „nicht ganz aus der Affäre zu mogeln“ verweist er dann aber noch auf das Parteibuch seines Chefs Olaf Scholz: Der sei Sozial­demokrat, und die SPD sei eine Partei, die auf Respekt untereinander und internationale Zusammenarbeit setze. „Und insofern kann man sich vorstellen, wie ich wohl die AfD finden würde, wenn ich darüber befinden dürfte“, sagt Hebestreit und fügt noch an: „Da ich das aber in dieser Rolle als Regierungssprecher nicht sagen darf, gucke ich dich nur ganz tief an.“

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Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD, ist seit Wochen umstritten. Nun erklärt er seinen Rücktritt aus der Parteispitze und will auch nicht mehr auftreten.

Quelle: dpa

Achtjährige wünscht sich Feminismus als Schulfach

22 Fragen beantwortet Hebestreit an diesem Samstag – manche Antworten muss er dabei sanft umschiffen. Einige der Kinder und Jugendlichen befragen Hebestreit zur Schulpolitik. Warum man in der Ganztagsschule so viele Hausaufgaben bekomme, will ein Mädchen wissen, der elfjährige Neo aus Berlin fragt, wie die Bundes­regierung die Schulen besser unterstützen könne, damit weniger Unterricht ausfalle, und die achtjährige Elisabeth will wissen, warum an den Schulen kein Feminismus unterrichtet werde. Sie finde es blöd, dass Mädchen und Jungen unterschiedlich behandelt würden – schließlich stehe auch im Grundgesetz, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Er sei als Schüler selbst kein Fan von Hausaufgaben gewesen, sagt Hebestreit. Feminismus als Schulfach sei „vielleicht ein bisschen zu fokussiert“, ziehe sich aber ohnehin durch alle gesellschaftlichen Themen. Und immer wieder erklärt er die Grundzüge des bundesdeutschen Föderalismus und weshalb für die Schulen die Länder und nicht der Bund zuständig sind.

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Gleich mehrere Mitglieder der Hamburger Jugendfeuerwehr befragen Hebestreit, sie sind als größere Gruppe aus der Hansestadt zum Demokratiefest angereist. Ob die Bundesregierung die freiwilligen Feuerwehren unterstützen könne, die an Personal- und Materialmangel litten, will ein Jungfeuerwehrmann wissen. Wie der Bund Ehrenamt besser finanzieren könne, fragt eine Kameradin. Hebestreit verweist auf Föderalismus und Haushalts­schwierigkeiten.

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Eine weitere Fragestellerin will wissen, wie die Bundesregierung Jugendliche angesichts der hohen Kosten dabei unterstützen könne, einen Führerschein zu machen. Er wisse aus „persönlichem, direktem Erleben“, wie teuer ein Führerschein mittlerweile sei, sagt Hebestreit, er fürchte aber, da könne er keine sinnvolle Antwort geben. „Ob der Bund da etwas machen kann, da müsste ich mich schlaumachen.“

Hebestreit verweist junge Münchnerin im Dirndl an Markus Söder

Was geplant sei, um Brauchtum zu erhalten, will eine junge Münchnerin im Dirndl wissen. Sie ist Teil der Bayerischen Trachtenjugend, die mit mehr als 20 Leuten nach Berlin gereist ist. Steffen Hebestreit verweist abermals auf die schwierige Lage des Bundeshaushalts und empfiehlt augenzwinkernd, sich an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zu wenden. Der sei ein Trachtenfreund und Bayern gehe es finanziell „verdammt gut, auch wenn die ab und zu viel Geld in den Länderfinanzausgleich geben müssen“.

Kurz vorm Ende der Veranstaltung will ein Junge dann noch wissen, weshalb sich Israel und Palästina nicht auf zwei Staaten einigen können. Das sei alles nicht so einfach, setzt Hebestreit an und holt zum kurzen Geschichts­exkurs aus. „Seit 70 Jahren versucht man, diesen Konflikt zu lösen, der natürlich auch ganz lange daran gekrankt hat, dass die eine Seite, die andere Seite überhaupt nicht in ihrer Existenz akzeptieren wollte“, sagt der Regierungssprecher. Er sei aber im Nebenberuf „Zuversichtsbeauftragter der Bundesregierung“, ergänzt er. Vielleicht sorge der „furchtbare Konflikt im Augenblick ja dafür, dass die Bereitschaft zu einer Kompromisslösung in dieser Frage dann doch größer wird, als das in den letzten 15 Jahren auf beiden Seiten gewesen ist“.

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Nach einer Stunde und 17 Minuten ist die Fragerunde zu Ende. Die nächste ganz gewöhnliche Regierungs­pressekonferenz steht für Montag um 11.30 Uhr auf der Tagesordnung. Dann dürften auch die Nicht­antworten der Regierungs­sprecher wieder etwas robuster ausfallen.

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